Anne Frank – ein Name der verpflichtet

In Bochum Gerthe gibt es seit 50 Jahren eine Realschule. Bis zum Jahre 1985 hieß diese Schule Städt. Realschule Bochum-Gerthe. Ab dem Schuljahr 1985/86 trägt sie den Namen „Anne-Frank-Schule“.

Wer war Anne Frank?

Anne Frank

Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. Ihre Eltern hießen Edith Frank-Holländer und Otto Frank. Anne hatte noch eine Schwester. Sie hieß Margot und war drei Jahre älter als Anne.

Annes Vater wurde ebenfalls in Frankfurt am Main geboren, wo seine Familie schon seit vielen Generationen lebte. Annes Mutter stammte aus Aachen. Otto Frank war von Beruf Kaufmann, die Mutter Hausfrau. Die Franks waren jüdischen Glaubens, galten aber als “liberal”, d.h. sie fühlten sich der Tradition der jüdischen Religion verpflichtet, waren jedoch keine strenggläubigen Juden. Die kleine Anne hatte viele Freundinnen, die katholisch, evangelisch oder jüdischen Glaubens waren. Die Kinder besuchten sich gegenseitig und feierten auch gemeinsam religiöse Feste.
Als Anne Frank 1929 geboren wurde, ging es den meisten Menschen in Deutschland wirtschaftlich schlecht. Es herrschten Armut und eine hohe Arbeitslosigkeit. Viele waren unzufrieden und gaben der Regierung die Schuld an ihren schlechten Lebensbedingungen.
In dieser Zeit errang die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) bei Wahlen immer größere Erfolge. Sie wurde schließlich zur stärksten Partei in Deutschland. Ihr Vorsitzender hieß Adolf Hitler. Seine Partei gab den Juden die Schuld an der Armut und Arbeitslosigkeit in Deutschland und schürte den Judenhass – Antisemitismus. “Die Juden sind gefährlich, sie sind unser Untergang, sie müssen bestraft werden” – so lauteten die Parolen der Nazis.
Auch in Frankfurt regieren jetzt die Nazis im Rathaus. Für die Familie Frank wird das Leben in ihrer Heimatstadt allmählich gefährlich. Otto und Edith Frank machen sich große Sorgen um ihre Zukunft. So beschließen sie 1933 – kurze Zeit nachdem Hitler Reichskanzler wird – in ein anderes Land zu flüchten. Über Aachen, wo Annes Oma wohnt, fliehen sie in die Niederlande, und zwar nach Amsterdam.
Anne ist zu diesem Zeitpunkt gerade 4 Jahre alt. In Amsterdam besucht sie zunächst ab 1934 einen Montessori-Kindergarten und später eine Montessori-Schule. Sie lernt jetzt natürlich Niederländisch. Margot und Anne entwickeln sich zu sehr guten Schülerinnen, wobei Anne auch über schauspielerisches Talent verfügt. Sie ahmt Tier- und Menschenstimmen nach, z. B. auch die Stimme ihres Lehrers. Anne genießt es, wenn sie im Mittelpunkt steht und ein aufmerksames Publikum hat. Sie hat viele neue Freundinnen in den Niederlanden gefunden, sammelt Bilder von Filmschauspielern und beginnt sich auch schon für Jungen zu interessieren.
Anne, Margot und ihre Eltern führen in den Niederlanden zunächst ein sorgenfreies Leben. Sie fahren oft an den Nordseestrand zum Baden. Wirtschaftliche Not leiden sie nicht, der neu gegründeten Firma des Vaters geht es gut, es kommt sogar noch ein zweites Geschäft hinzu.
Aber die schöne Zeit dauert nicht lang. 1940 überfallen deutsche Truppen die Niederlande und besetzen das Land. Zunächst merken die Franks und andere jüdische Menschen noch nicht viel davon. Aber Herr Frank ist vorsichtig, er überschreibt seine Firma an nichtjüdische Freunde. Auch für Anne und Margot ändert sich einiges. Nach den Sommerferien 1941 müssen sie “ihre” Schule verlassen und werden gezwungen, eine jüdische Schule zu besuchen. Nun gelten in den Niederlanden auch die antisemitischen Gesetze wie in Deutschland. Juden dürfen nicht mehr mit der Straßenbahn oder mit dem Auto fahren, müssen ihre Fahrräder abgeben und einen Judenstern tragen.
Als Margot Frank, die inzwischen 16 Jahre alt ist, im Juli 1942 eine Aufforderung bekommt, sich zur Arbeit in einem Lager in Deutschland zu melden, beschließen die Eltern unterzutauchen und sich mit ihren Kindern zu verstecken. Sie ziehen am 6. Juli 1942 in ein Hinterhaus an der Prinsengracht 263 in Amsterdam. In diesem Gebäude befindet sich die Firma von Otto Frank. Eine Woche später ziehen auch das Ehepaar van Pels (van Daan) mit ihrem vierzehnjährigen Sohn Peter in das Versteck ein. Im November kommt noch der Zahnarzt Fritz Pfeffer hinzu, dem Anne in ihrem Tagebuch den Tarnnamen Albert Dussel gibt, und mit dem sie ihr Zimmer teilen muss.
Mit dem Einzug in das Hinterhaus verändert sich das Leben Annes total. Das fröhliche, lebendige Mädchen ist nun auf ein paar Zimmer und ein Dachfenster angewiesen. Mehr als 2 Jahre wird sie in diesem Versteck zubringen müssen. Die Angst, von den Nazis entdeckt zu werden, verfolgt sie und ihre Familie ständig. Tagsüber verhalten sich die Eingeschlossenen still. Den Wasserhahn und die Toilettenspülung dürfen sie nicht benutzen, weil das Personal der Firma unter ihnen nichts von dem Versteck weiß. Sie flüstern nur miteinander und gehen leise auf Strümpfen durch die Wohnung. Sie sind ganz von der Außenwelt abgeschnitten und völlig auf die Hilfe weniger Personen angewiesen, die sie mit Nahrung und Informationen versorgen. Für die lebhafte Anne ist das Leben in ihrem Gefängnis meistens langweilig. Sie hat alles verloren, ihre Freundinnen, ihre Klassenkameradinnen, ihre Freiheit. Aus Schulbüchern lernt sie täglich mehrere Stunden, damit sie den Anschluss an die Schule nicht verpasst. Auch ihr Vater gibt ihr und ihrer Schwester Unterricht. Anne hofft, bald wieder eine Schule besuchen zu können. Sie liest viel und schreibt in ihr Tagebuch.

Das Zusammenleben von 8 Personen auf engstem Raum schafft natürlich Probleme. Anne ist aufsässig, streitet sich mit ihrer Schwester und ihrer Mutter. Auch zu den anderen Erwachsenen – außer ihrem Vater – hat sie kein gutes Verhältnis. Anne fühlt sich allein und unverstanden.
So gut es geht werden die Eingeschlossenen auch mit Informationen über den Verlauf des Krieges versorgt. Anne hofft, dass der Krieg bald zu Ende sein wird. Insbesondere die Invasion der Alliierten in Frankreich am 6. 6. 1944 löst bei Anne Freude aus. Sie ist inzwischen 15 Jahre alt und hat sich in Peter van Daan verliebt. Aber sie ist zunächst enttäuscht, weil sie in ihm nicht den Freund findet, mit dem sie über ihre Probleme sprechen kann.
Die Hoffnung auf Freiheit erfüllt sich für die Untergetauchten nicht. Am 4. August 1944 dringen deutsche und niederländische Nazis in das Versteck ein und verhaften alle 8 Personen. Sie dürfen nur ein paar Kleidungsstücke mitnehmen und werden auf einem LKW zu einer Polizeistation gebracht. Am 8. 8. 1944 werden sie in das niederländische Sammellager Westerbork überführt. Wer Anne Frank und die anderen Personen verraten hat, ist bis heute nicht bekannt.
Zusammen mit etwa tausend Menschen werden die Franks und die anderen Mitbewohner des Hinterhausses am 3. September 1944 mit dem letzten Transportzug in einem Güterwaggon in das Vernichtungslager Auschwitz in Polen gebracht, das sie am 6. 9. 1944 erreichen. Die Hälfte der Ankommenden wird noch am selben Tag vergast, darunter alle Kinder unter 15 Jahren. Anne wird verschont, weil sie gerade 15 Jahre alt geworden ist. Ihr und ihrer Schwester werden die Haare abgeschnitten und sie bekommen eine Nummer in den Arm tätowiert.

Die Familien werden auseinander gerissen, Anne wird von ihren Eltern getrennt. Zusammen mit Margot und Frau von Daan kommt sie ins Konzentrationslager Bergen-Belsen nach Deutschland. Hier herrschen unvorstellbare Lebensbedingungen. Es gibt so gut wie nichts zu essen, es ist bitterkalt und die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal. Anne und Margot magern stark ab und erkranken an Typhus. Im März 1945 stirbt zunächst Margot Frank, wenige Tage später stirbt auch Anne Frank. Ihr genaues Todesdatum steht nicht fest. Drei Wochen später wird das Konzentrationslager Bergen-Belsen von englischen Soldaten befreit.
Das Schicksal der anderen Untergetauchten ist ähnlich. Annes Mutter stirbt am 6. Januar 1945 in Auschwitz. Otto Frank, Annes Vater, ist der einzige Überlebende der acht Personen aus dem Hinterhaus Prinsengracht 263.

Das Tagebuch der Anne Frank

Zu ihrem dreizehnten Geburtstag, am 12. Juni 1942, bekommt Anne von ihren Eltern ein Tagebuch geschenkt. „Ich hoffe, dass ich Dir alles anvertrauen kann, wie ich es bisher noch niemals Konnte, und ich hoffe, dass Du mir eine große Stütze sein wirst.” So lautet ihre erste Eintragung ins Tagebuch vom 12. Juni 1942. Von nun an ist dieses Tagebuch ihr Gegenüber, ihre „Freundin”, die sie Kitty nennt und die nur in ihrer Vorstellung existiert. Anne erfindet eine „Partnerin”, der sie alles mitteilt, was sie auf dem Herzen hat. Sie berichtet über ihre Schule, ihre Freundinnen, ihre Familie. Sie offenbart ihrer „Kitty” ihre geheimsten Gefühle, ihre Ängste und Sorgen, ihre Probleme mit ihrer Schwester und ihrer Mutter, ihre Liebe zu ihrem Vater, ihre Konflikte mit den anderen Mitbewohnern im Hinterhaus, sogar ihre Liebe zu dem etwas älteren Peter van Daan.
Das Tagebuch ist eine innere Auseinandersetzung zwischen Anne und ihrer Umwelt. Es sind die Selbstgespräche einer Dreizehn-Vierzehnjährigen, in Briefform verfasst.
Sie spiegeln das Seelenleben eines klugen, nachdenklichen, frühreifen Mädchens wieder, mal fröhlich, mal melancholisch, mal liebevoll, mal aggressiv. In der Zeit ihrer Einsamkeit in dem Gefängnis des Hinterhauses der Prinsengracht wird das Tagebuch ein Teil ihres Lebens.
Mehr als zwei Jahre hat Anne fast täglich Tagebucheintragungen vorgenommen. Als ihr erstes Tagebuch voll ist, schreibt sie in ihren Schulheften und den Kassenbüchern ihres Vaters weiter. Fotos von sich und ihrer Familie klebt sie in das Tagebuch ein. Am 29. März 1944 hört sie, wie ein niederländischer Minister im Rundfunk sagt, dass nach dem Krieg Tagebücher und Briefe aus der Kriegszeit gesammelt werden sollen. Anne notiert in ihr Tagebuch: „Stell Dir vor, wie interessant es wäre, wenn ich einen Roman vom Hinterhaus herausgeben würde.” Eine Woche später schreibt sie: „Werde ich jemals Journalistin oder Schriftstellerin? Ich hoffe es, ich hoffe es so sehr! Mit Schreiben kann ich alles ausdrücken, meine Gedanken, meine Ideale und meine Phantasien.” (5. April 1944). Der Wunsch, eine berühmte Schriftstellerin zu werden, lässt sie von jetzt an nicht mehr los.
Aber die Realität holt Annes Träumereien schnell ein. Ihre letzte Eintragung ins Tagebuch datiert vom 1. August 1944: „Ich habe Dir schon öfter erzählt, dass meine Seele sozusagen zweigeteilt ist. Die eine Seite beherbergt meine ausgelassene Fröhlichkeit, die Spöttereien über alles, Lebenslustigkeit und vor allem meine Art, alles von der leichten Seite zu nehmen. Diese Seite sitzt meistens auf der Lauer und verdrängt die andere, die viel schöner, reiner und tiefer ist. Die schöne Seite von Anne, die kennt niemand.”
Drei Tage später dringt die Polizei ins Haus ein und verhaftet alle Bewohner des Hinterhauses. Der deutsche Polizist, Karl Silberbauer, verlangt nach Schmuck und Geld. Annes Tagebücher interessieren ihn nicht. Er wirft den Inhalt einer Aktentasche, in der sich die Aufzeichnungen befinden, achtlos auf den Boden. Am späten Nachmittag des 4. August 1944 traut sich Miep Gies, eine unermüdliche Helferin und Freundin der Familie Frank, in das verlassene Versteck. Sie findet die Tagebücher, Fotoalben und andere Papiere der Franks und verschließt sie in einer Schublade ihres Schreibtisches.
Nach seiner Befreiung in Auschwitz am 27. Januar 1945 gelangt Otto Frank über Russland und Frankreich nach Amsterdam. Am 3. 6. 1945 kommt er an. Er weiß, dass seine Frau tot ist, hofft aber darauf, dass Margot und Anne noch leben. Erst zwei Monate später erfährt er vom Tod seiner beiden Kinder. Miep Gies hat die Tagebücher die ganze Zeit aufbewahrt. Sie wollte sie Anne persönlich zurückgeben. Jetzt übergibt sie sie an ihren Vater. Otto Frank liest Annes Aufzeichnungen und ist gerührt. Er wusste nicht, dass seine Tochter so sorgfältig über alles berichtet hatte, was sie bewegte und was sie im Hinterhaus erlebte. Auf Anraten von Bekannten sucht er einen Verleger für die Texte. Zuerst erscheint ein Artikel in einer Amsterdamer Zeitung. Im Sommer 1947 kommt eine Auflage von 1500 Exemplaren des Tagebuches auf den Markt. Inzwischen ist das Tagebuch weltberühmt. Bis heute ist es in 55 Sprachen übersetzt worden. Mehr als 20 Mio. Male wurde es verkauft, Filmbücher und Theaterstücke wurden darüber geschrieben. In aller Welt gibt es Straßen und Schulen, die nach Anne Frank benannt sind. Annes Traum, eine berühmte Schriftstellerin zu werden, hat sich damit auf tragische Weise erfüllt.

Warum heißt unsere Schule „Anne-Frank-Schule”?

In den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nationalsozialisten sind in der Zeit von 1933-1945 mehrere Millionen Menschen jüdischen Glaubens ermordet worden. Aber auch Sinti und Roma, Homosexuelle, überzeugte Christen und Demokraten, Sozialisten und Kommunisten fanden den Tod. Eine solch gewaltige Zahl von Ermordeten übersteigt die menschliche Vorstellungskraft. Das Schicksal der meisten Opfer blieb bis heute anonym.
Anne Frank ist durch ihr Tagebuch zum Symbol für alle Toten des Zweiten Weltkrieges und des Nazi-Rassismus geworden. Durch ihre Lebensgeschichte kann man sich leichter ein Bild davon machen, was Krieg und Tod für jeden einzelnen – Männer, Frauen und Kinder – bedeutet hat.
Junge Menschen fragen heute danach, wie es zu diesen schrecklichen Verbrechen kommen konnte. Aufklärung ist also nötig und wichtig. Aber sie allein reicht nicht aus, wie zahlreiche neonazistische Gewalttaten der letzten Jahre beweisen. Hinzukommen muss eine Erziehung zur Gewaltlosigkeit, zur Mitmenschlichkeit und zur Friedensliebe. Dieser Verantwortung müssen wir uns immer wieder stellen – Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern.
Anne Frank kann uns dazu als Vorbild dienen. Nirgends in ihrem Tagebuch sprach sie von Hass. Sie glaubte trotz allem an das Gute im Menschen und wollte sich nach dem Krieg für eine bessere Welt einsetzen. Diesen Idealen von Anne Frank fühlen wir uns verpflichtet. Nationalismus und Rassismus dürfen in unserem Leben keine Rolle mehr spielen.

Wer mehr über Anne Frank erfahren möchte:

Hier einige Literaturhinweise:

  • Das Tagebuch der Anne Frank: Fischer-Taschenbuch
  • Schnabe, Ernst: Anne Frank – Spur eines Kindes, Fischer-Taschenbuch
  • Gies, Miep: Meine Zeit mit Anne Frank, 1. Aufl. Bern, München, Wien, Scherz-Verlag, 1987
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